Gordon

Teil 1

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Hallo, ich heiße Elia Preuss. Ich arbeite als freier Schriftgestalter in Leipzig. Ich spreche über die Schrift „Gordon“ von Georg Salden und darüber warum sie mir besonders gefällt, was sie auszeichnet und was sie in meinen Augen einzigartig macht.

Eine erste Version der »Gordon« entstand bereits 1975. Die Entwürfe zur heutigen digitalen Fassung entstanden erst später, zwischen 1983 und 1986.

Die Buchstaben der »Gordon« wurden handschriftlich mithilfe einer Rundfeder entworfen. Die Rundfeder erzeugt gleichmäßig dicke Striche und runde Strichenden. Die Spuren dieses Werkzeuges sind in der »Gordon« noch deutlich zu sehen.

Überhaupt hat die »Gordon« ihre wesentlichen Merkmale der Funktionsweise einer Rundfeder zu verdanken. So erzeugen die gleichmäßigen Strichbreiten der Schrift besonders dick erscheinende Serifen, das sind die kurzen Striche ober- und unterhalb der meisten Buchstaben. Dieses Merkmal verleiht der „Gordon“ den Charakter einer sogenannten Egyptienne-Schrift, einer Schrift betonten Serifen. 

Die runden Strichenden der »Gordon« wiederum erinnern an Buchstaben aus dem Schreibmaschinen-Druck, bei dem der besonders grobe Tintenauftrag die Buchstabenränder einer Schrift auf charakteristische Weise verschwimmen lässt und eckige Strichenden abgerundet wirkten.

Anders als Egyptienne- und Schreibmaschinen-Schriften entstand die »Gordon« jedoch nicht als konstruierte und gezeichnete Schrift, sondern fußt auf handgeschriebenen, unmittelbaren Buchstabenformen.

In ihren unmittelbaren Formen liegt auch die ästhetische Qualität, die mich an der »Gordon« besonders überzeugt. 

Sie stellt eine auf den ersten Blick recht bekannte Schriftart dar, die jedoch durch die unmittelbare persönliche Arbeitsmethode Georg Saldens ganz eigene visuelle Merkmale erhalten hat. Hierzu zählen die offenen und weichen Buchstabenformen, wie die Kleinbuchstaben a und e, die aus der händischen Entwurfsweise entstanden. Aber auch die verspielten und organischen Comic-artigen Serifen, die insbesondere in dem Kleinbuchstaben x oder dem Großbuchstaben E sichtbar werden, zeichnen die „Gordon“ aus.

Das geneigte, sogenannte kursive Alphabet der »Gordon« stellt eine logische Erweiterung der aufrechten Schrift dar. In ihr werden ihre handschriftlichen Einflüsse besonders augenscheinlich. 

Die Buchstabenformen der kursiven „Gordon“ sind betont dynamisch und eigenwillig. Sie stehen dadurch deutlich im Kontrast zu denen der aufrechten Variante. Vergleicht man etwa die aufrechten Kleinbuchstaben n, oder auch v, mit ihren kursiven Varianten, stehen relativ strenge Formen betont leichten und fließenden Formen gegenüber. Trotz dieser Unterschiede halten beide Alphabete zu jeder Zeit eine gemeinsame Formensprache bei und stehen dadurch in einem ästhetischen Spannungsverhältnis zueinander.

Diese Kombination, der sehr handschriftlichen Kursiven mit einer stabilen Aufrechten stellt in meinen Augen auch das wesentliche Alleinstellungsmerkmal der »Gordon« dar.

Die beschriebenen Qualitäten, einer Konsequenz im gestalterischen Konzept, zusammen mit einer frohen Leichtigkeit, zeichnen die wortwörtlich persönliche Handschrift Georg Saldens als Schriftgestalter aus meiner Sicht aus: Sie stellt einen witzigen und spielerischen, aber zugleich präziser Zugang zu den einzelnen Buchstabenformen der lateinischen Schrift dar. 

Durch Ludwig Übeles behutsame Übersetzung von Georg Saldens Schriftentwürfen in das Digitale, sind diese Qualitäten auch auf dem Bildschirm noch erhalten geblieben.

Die »Gordon« eignet sich durch ihre drei verschiedenen Schnitte, leicht, normal und fett, inklusive Kursiv- und Kapitälchen-Alphabete durchaus zu komplexer typografischer Gestaltung. 

Bei einem Preis von etwa 60 Euro pro Schnitt besitzt sie darüber hinaus alle heute notwendigen Ziffer-Sets und unterstützt die wesentlichen westeuropäischen Sprachen.

Autor:in
Elia Preuss

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