Folkwang Inszenierung Kunst

Teil 4

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Ein Auszug aus einer Inszenierung von Alfred Teepe

L. Äh, Sie wollen also Künstler werden? Wissen Sie denn, äh junger Freund, was Kunst ist? Äh?

S. Ja — Kunst ist — Kunst ist das wahrhaft edle, durchdringende Volumen. In der Potenz erhobenes, genial schwebendes Vollenden des liebenden Geistes. Zum Himmel strebende Menschlichkeit. Ideen, die leuchten, die leuchten im Rau –– im All. Raum in geistiger Materie, befruchtet von Persönlichkeit.  Körper und Geist, Materie und Seele, Böse und – Gut und Böse, Himmel und Hölle als Gleichnis, aufgelöst in Hornime – Harmonie.

L. Unsinn, junger Freund, äh Unsinn. Kunst ist Natur — Natur ist Kunst. Sie müssen in die Natur eindringen. Wie dringt man in eine Sache ein, äh?

S. Durch – durch Studien, Herr Professor.

L. Äh, gut, gut, gut, durch Studien, und was studieren wir also?

S. Die – die Natur, Herr Professor.

L. Äh, gut. Wir studieren also die Natur. Und wie studiert man die Natur, äh? Natürlich dadurch, dass man sie zeichnet oder malt, und wie zeichnet und malt man, äh? NATÜRLICH zeichnet und malt, dass man alles zeichnet, was zu sehen ist, nicht mehr und nicht weniger. Tun Sie das, junger Freund, tun Sie das und nichts anderes und Sie sind auf dem richtigen Wege. Äh, da muss ich an meinen alten Lehrer, Professor Johann Wolfgang von Meierbier denken, Gott habe ihn selig, wie ich so vor ihm stand und er mir sagte »Nichts ist so erhaben wie die Natur« äh, äh, als ich in Ihrem Alter war und in den Erst des Lebens trat, äh, äh, – – – – Wo waren wir stehen geblieben, äh, ja, bei Natur und Kunst. Kunst ist usw. wie oben bis auf dem richtigen Wege. Äh, da schrieb mir doch letzthin ein äusserst begabter Studienkollege, der zeichnet ein Pferd von unten, dass er seit seiner Studienzeit nichts anderes getan hat, als den hintersten Backenzahn eines Dinosauriers zu zeichnen und ein Ende dieser Arbeit noch in weiter Ferne liege. Sehen Sie, das ist Eindringen in die Natur. Wie dringt man in eine Sache ein, äh? Usw. wie oben was studieren wir also

S. Ent- entschuldigen Sie bitte, Herr Professor, aber ich glaube, Sie – – – – –

L. Ähhh, junger Freund, Sie sollten nicht wiedersprechen, Sie sollen die Natur studieren, Sie sollen Natur zeichnen und Natur malen, Sie müssen naturzeichnen, naturmalen, naturmalenzeichnen, über Natur malenzeichnen, Natur überzeichnenmalen, Sie müssen (Chor) pingeln, pingeln, pingeln.

L. Kubus, Kubane,
Banus, Banane,
weit ist der Raum, Traum, Schaum, kaum
feste Gebilde führen zur Mitte, heilge Brigitte.

C. das walte Kubis.

S. Kegel, Kegelbahn
Rodel, Rodelbahn,
schwer ist die Last, Gast, Hast, Mast, gefasst
wägen und wagen lassen sie tragen.

C. Das walte Kubis.

L. Mass, majestätisch,
Naaja, Majermilch,
hoch ist das Nass, Gas, Ass, Spass, was
messen und nässen bringt uns Genossen

C. Das walte Kubis.

L. Fläche ist Ordnung, Fläche ist wahr,

S. Fläche ist Ordnung, Fläche ist wahr

L. + S. Ordnung und Wahrheit sind rar, so rar,

L. Flach sei die Form, erhaben der Ausdruck,
Einfach das Mittel, lang der Termin
Kommst Du nicht weiter, dann frage Herrn Buck,
Volumen, Volumen, er bringt es schon hin.

S. Nicht immer gelingt es, die Würfel zu halten,
Kubus, mein Kubus, wo rollest Du hin?
Bewusstheit und Wille, sie werden gespalten,
Dich in den orcus perspecti zu ziehn.

L. Lass mich nicht schauen, in die Tiefen menschlicher Perspektive, lass mein Auge verweilen auf den luftigen Ebenen unseres Bildes, leicht gleitet der Blick über die Formen, sie bieten sich dem Auge an, laden ein, lassen erschauern im Erschauen, weit dehnen sich Farben, saftig rinnt es dazwischen wie taufrische Bäche, oh Ahnung des Unerschöpflichen, Gunst der Natur, festzuhalten die Geburt des Geschehens, die reine Formwerdung der Idee.

S. Meister, mein Meister, jetzt fasst sie mich an, die Perspektive hat mir ein Leid angetan.

L. Die Ordnung der Dinge ist nur zu erfüllen durch eine Aufteilung der Masse, des Gewichts und des spezifischen Volumens in eine Einheit, die sich aus der Mitte unserer Fläche ergibt, ferner für den Frieden unseres Raumgefühls in den Komponenten der klassischen Körperformen, sei es Kubus, Kegel, Zylinder, Kugel und Pyramide. Auswägen und harmonische Verteilung dieser Dinge an den Massen, Gewichten und am spezifischen Volumen bietet uns die Betätigung am organischen, unüberschaubaren Lebensprozess der Kunst. Mitte des Lebens heißt Mitte der Fläche, Mitte der Harmonie erreichen wir in der Gleichgewichtigkeit von Massen, Gewicht und spezifischem Volumen.

S. Das walte Kubis.

L. Oh, Kunst, Fläche, Raum, Baum, Volumen
spricht von allem das Symbol? Wohl?
in zwei Dimensionen wohnen die Götter
hin und her.

Kanon. O wie wohl ist mir im Kubus
mir im Kubus
Kubismus ist niemals ruhelos
niemals ruhelos
Kubis, Kubis, Kubis.

[]

L. Wir dreiteilen den Raum unserer Möglichkeit.
Beginne mit Teil 1: Die Repitation des gestrigen.

S. Kreis und Gerade, sie allein
sollen Deine Stützen sein.
Zentrum liege nie zu tief,
oder stell die Achse schief.
Schneiden Flächen, denke immer,
Farbe wechseln, oder schlimmer
struktureller Unterschied
über, unter, vor und zwischen,
sonst bekommt die Fläche Nischen.

L. Kontrapunktik…

S. Kontrapunktik, zähle 3
nehme 3 mal Hühnerei
Epilepsoide Flächen
mehrgespaltig aufzubrechen,
querend soll man niemals ruhn
sägeförmig auszuzahnen,
dann ist dabei drum zu tun,
mittels vertiko zu rahmen.

L. Vertikal!

S. Mittels vertikal zu rahmen.

L. Oben –

S. Oben – – – – – –

L. na!

S. Oben sei nur Farbe dessen
was man unten hat vergessen,
ist die Arbeit folkwangpfründig
nehme gelb und schwarz stets bündig.
Sonst gerissen und genau, nehme grau, nehme grau.

L. Noch was?

S. Kleinteiligkeit führt meist zum Ziele,
Formen dazu komplikat
nehme Quader möglichst viele
spiele Skat, spiele Skat.
Skaten schult das Denkvermögen,
mit Vergnügen, mit Vergnügen.

L. Zu Teil 2: Die neuen Prinzipien.

S. Zu Teil 2: Die neuen Prinzipien.

L. Lass mich zunächst konstruktiv excipieren:
Kunst ist Prinzip
Prinzip ist Gesetz,
Gesetz ist Verhältnis,
Verhältnis ist Konstruktion
repitit:

S. Kunst, Prinzip, Gesetz, Verhältnis, Konstruktion

L. zurück

S. Konstruktion, Verhältnis, Gesetz, Prinzip, Kunst.

L. Vor (ich bin nicht sicher, ob es vor heißt)

S. Kuprigeverkon

L. zurück

S. Konvergepriku

L. Merke Dir das gut

S. Konvergepriku, merke das auch Du.

L. Bevor wie zu praktischen Extemporis kommen, theoretisch drei Möglichkeiten in der Situation einer einzelnen Geraden, regierend die Situation duoconvergierender oder parallel oder orthogonal bzw. achsenstetig oder asymthotisch verlaufender Strecken um den magnetischen Nullpunkt, den südpolaren Ortifeikationspunkt und der Einstellung bei affinen, raffinösen mittelpunktsachsigen Schweren, unterlästigen oder concubinretrospektiven Sublimenten.

S. Darf ich mal raus?

L. hori-verti-diocal

S. hori-verti-diocal

L. Quer, lang, quad

S. Quer, lang, quad

L. Die Verbindungsassoziationen:

S. Quer-hori, lang-verti, quad-diocal, quad-lang, quer-lang, hori-lang, hori-diocal, quad-diocal, quad-verti, verti-hori, diocal-verti, hori-diocal, verti-diohorical, Prinzip, Kunst, Konvergespriku, soll man aber auch nicht missen, horti-verti-diocal.

[…]

Text: Alfred Teepe 1953/2021
Gesprochen von: Lea Taake und Carl Grübel

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