Schreibmeister, Buchstaben-Entwerfer und Schrift-Experte
Georg Salden ist einer der bedeutendsten, produktivsten und innovativsten deutschen Schriftgestalter des 20. Jahrhunderts. Wie kaum ein anderer hat er sein Leben der Schrift gewidmet.
»Buchstaben zu formen ist ein elementarer Drang mancher Menschen, ebenso elementar wie malen oder musizieren und auch uralt.«
Georg Salden
Hans-Georg Salden, am 28.08.1930 in Essen geboren, begann seine Auseinandersetzung mit Schrift als elfjähriger Junge: Er erlernte das Schreiben und Zeichnen von Schrift durch eine Studienmappe seines in die Niederlande emigrierten Onkels. Helmut Salden, der in den Niederlanden ein hochgeschätzter und bekannter Buchgestalter und »Letterontwerper« wurde, war lange Zeit Georg Saldens Mentor und Vorbild. Bereits im Alter von 18 Jahren (vor dem Studium) verstand Georg Salden es, etliche Schriftarten meisterhaft zu schreiben und zu zeichnen. Hier profitierte er (durch die Schriftmappe) von seines Onkels Studium in der Abteilung »Schrift und Plakat« bei Prof. Wilhelm Poetter (1929–1931) an der Folkwangschule.
Georg Salden studierte von 1950 bis 1954 Gebrauchsgrafik an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen. Nach den beiden Vorsemestern, in denen Max Burchartz die Grundlagen der Gestaltung vermittelte, studierte Salden insbesondere die Fächer »Schrift« bei Prof. Hans Nienheysen und »Grafik« bei Wilhelm Buck. Zum Ende seines Studiums hatte Georg Salden eine gestalterische und handwerkliche Fertigkeit sowie Bandbreite im Schreiben und Entwerfen von Schrift erreicht, die heute seinesgleichen sucht (Unziale, Halbunziale, Sütterlin etc.).
Nach seinem Studium machte er sich selbstständig und arbeitete rund zwei Jahrzehnte im werbegrafischen Bereich, vor allem für Kunden aus der Montanindustrie. Er konzipierte Messestände, entwarf Plakate, Broschüren, Bucheinbände, Signets, Schriftzüge und vieles mehr. Daneben erhielt er zahlreiche Schreib- und Schriftaufträge für Urkunden , Gedenkbücher und ähnliche Schriftstücke, die er nicht selten in Zusammenarbeit mit der Essener Buchbinderin Frida Schoy erstellte.
In den 60er Jahren lehrte er selbst an der Folkwangschule im Fach »Schrift« und »Schriftschreiben«. Darüber hinaus gab er lange Jahre für das Jugendamt der Stadt Essen Schreib- und Schriftunterricht für Jugendliche und in den 2000er Jahren unterrichtete er an der Bergischen Universität Wuppertal das Fach »Schriftentwurf«. 1966 nahm er mit dem Schriftentwurf York erfolgreich an einem Wettbewerb von VGC (Visual Graphics Corp0ration) in New York teil und veröffentlichte kurze Zeit später die Schriften York und Angular bei VGC. Herb Lubalin gestaltete in diesem Kontext das Schriftplakat für die York.
Ab 1972 konnte er sich ausschließlich der Gestaltung von Schriften widmen, denn ein einzigartiges wirtschaftliches Konstrukt, der GST-Kreis , bot ihm hierfür die notwendige finanzielle Sicherheit. Der GST-Kreis (GST für »Georg Salden Types«) war ein Zusammenschluss von Layoutsetzereien (zunächst sechs Firmen in Deutschland, später 24 Firmen weltweit), den Georg Salden regelmäßig mit exklusiven Schriften belieferte.
Zwischen 1972 und 1984 schuf er rund 30 Titelsatzschriften (Staromat), die bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftenwürfe aus dieser Reihe sind: Polo, Basta, Brasil, Gordon und Tap.
Besonders mit seiner Schrift Polo , die er erstmals ca. 1960 zeichnete und 1972 veröffentlichte, erwies er sich als ein Pionier seiner Zeit. Mit dieser Grotesk, die an die Prinzipien von Renaissance-Antiqua-Schriften angelehnt ist, schuf Georg Salden einen Meilenstein der Schriftgeschichte. Die GST-Polo beeinflusste ganz maßgeblich eine Generation von Schriftgestalter*innen und wurde von bedeutenden Publikationen, Unternehmen und Organisationen genutzt.
1980 erhielt Georg Salden den Preis der Stiftung Buchkunst für seine Satzschrift Basta, dieser Preis wurde einmalig zur Förderung hochwertiger Fotosatzschriften vergeben.
Aus dem GST-Kreis ging die Context GmbH, Gesellschaft für Typografie und Satztechnik hervor, die sich die Wahrung und Publikation von typografischen Qualitätsstandards zur Aufgabe machte.
Georg Salden führte Erik Spiekermann in die Context-Gesellschaft ein. Spiekermanns erste Bücher wurden durch die Context veröffentlicht: Ursache und Wirkung, ein typografischer Roman (1982) und Studentenfutter (1989).
Mit der Digitalisierung der Satztechnik und durch Fehlinvestitionen lösten sich die Context GmbH und somit auch der GST-Kreis Ende der 1990er Jahre auf. Seit 2009 arbeitet Georg Salden mit Ludwig Übele unter dem Namen TypeManufactur zusammen. Ludwig Übele bereitet Georg Saldens bereits veröffentlichte Schriften sorgfältig für moderne Technologien auf, unterstützt ihn bei der Produktion noch unveröffentlichter Schriften und vermarktet Saldens Schriftbibliothek.
Liste der Schriften (nach Erstveröffentlichung)
VGC
- 1966 York
- 1973 Angular
Berthold AG
- 1969 Transit
- 1970 Daphne
GST-Kreis
- 1972 Aster
- 1972 Polo
- 1972 Bilbao
- 1972 Caslon
- 1972 Basta
- 1972 Stresemann
- 1972 Parabella
- 1972 Mäander
- 1973 Brasil
- 1973 Magnet
- 1973 Hansa
- 1973 Bonjour
- 1973 Tandem
- 1974 Gerundete Futuranea
- 1974 Congress
- 1975 Ready
- 19XX Salut
- 1977 Loreley
- 1977 Gordon
- 1978 Volante
- 1979 Loretta
- 1979 Tap
- 1979 Sketchy
- 1979 Galopp
- 1981 Videon
- 1983 Deutschkurrent
- 1983 Corvey
- 1983 Turbo
- 1984 Klicker
- 1987 Dalli
- 1987 Salden
- 1994 Axiom
- 1995 Carree
- 1996 Zitat
- 1999 Votum
TypeManufactur
- 2002 Rolls
- 2002 Planet
- 2004 Faktum
- 2005 Essenz
- 2012 Trigon
Links:
Quellen:
Folkwang Archiv; Interviews Georg Salden.
Archiv Georg Salden.
Stadtarchiv Essen; 203/229.
Sprecher: Carl Grübel, Fachbereich 3, Schauspiel
Text: Natascha Dell, Fachbereich 4, Gestaltung
Musik: Til Brückner, Fachbereich 2, Musik